Ich bringe dir zwar bei, dich gegen Gewalt zur Wehr zu setzen, aber das Beste ist trotzdem immer, kampflos aus einer Situation hervorzugehen. Jeder Kampf setzt dich einem Gesundheitsrisiko aus!
Du kannst jedoch im Vorfeld bereits eine Menge Dinge tun, um gar nicht erst in eine gefährliche Lage zu geraten, und das geht bereits damit los, zu erkennen, wann überhaupt Gefahr besteht.
Daher kommt diesem Aspekt eine sehr große Bedeutung zu, und du kannst dies – einmal gelernt – in deinem kompletten Alltag und auch im Berufsleben anwenden.
Es gibt drei Säulen des Eigenschutzes:
Distanz
Der sichere Abstand zu einer potentiellen Gefahr kann von dir aktiv beeinflusst und kontrolliert werden. Um genügend Zeit und Übersicht zu haben, ist es essentiell wichtig, sich sicherer und unsicherer Distanzen bewusst zu sein, und die Steuerung der Distanzen in einer unübersichtlichen und schnellen Gefahrenlage zu trainieren.
Position
Die Position zu einem Aggressor ist eine weitere Variable, die du aktiv beeinflussen und kontrollieren kannst. Die Position, in der du dich befindest, entscheidet maßgeblich darüber, welcher Teil deines Körpers sich in der „Line of Fire“ und somit in direkter Gefahr befindet. Die „Line of Fire“ bezeichnet hierbei den gesamten Bereich, in dem der Aggressor dich beim Ausführen von Schlägen, Tritten, Hieben und Stößen leicht, mittel oder mit voller Wucht trifft.
Umgebung
Die Umgebung ist eine Variable, die du nur bedingt beeinflussen kannst. Wir nutzen die Umgebung, um uns Vorteile zu verschaffen, wie z. B. das Integrieren fester und unbeweglicher Gegenstände (Bäume, Autos, Haltestellenhäuschen). Man kann aber auch herumliegende Objekte verwenden, um sich Schutz zu verschaffen, und verschiedene simple andere Manöver anwenden, wie z. .B das Wechseln der Straßenseite.
Bei diesem Thema geht es vor allem darum, dass du dir deiner Umgebung jederzeit voll bewusst bist und so das Geschehen bei Gefahr in eine für dich günstigere Richtung lenkst, dir einen möglichen Fluchtweg sicherst oder die Umgebung nutzt, um eine physische Auseinandersetzung von vornherein zu verhindern.
Die Gewaltspirale
Gewalt ist sehr vielfältig in ihrer Form und in ihrer Stärke. Sie reicht von subtilen, feindseligen Zeichen bis hin zu völlig eskalierter, körperlicher Gewalt. Meistens baut sich eine gefährliche, gewaltvolle Situation mehr oder weniger allmählich auf, und bestimmt hast du in diesem Zusammenhang bereits von der Gewaltspirale gehört.
Gewalt ist bereits erkenn- und wahrnehmbar, bevor sie geschieht. Dafür haben wir die Gewaltspirale für dich bildlich zu einem Werkzeug weiterentwickelt. Dieses Werkzeug hilft dir herauszufinden, welches Gefahrenpotential von deinem Gegenüber ausgeht, und inwieweit bzw. in welchem Maß du in einer Situation Opfer von Gewalt wirst. Die Gewaltspirale dient zur Veranschaulichung und Einschätzung eines möglichen Angreifers, und ist absolut subjektiv. Es wird die ganze Bandbreite von nonverbaler, verbaler und auch physischer Kommunikation einbezogen, um zu erkennen, ob und wie sehr eine Person eventuell für dich gefährlich sein könnte. Du selbst entscheidest, wie hoch du die Gefahr einschätzt, und setzt somit für dich fest, in welcher Intensität du reagieren musst, um dich in der Situation behaupten zu können.
Die Position auf der Gewaltspirale entwickelt sich im Laufe einer Situation dynamisch. Ziel ist es, dies im Auge zu behalten, und bei Warnsignalen entsprechend deutlich eine klare Grenze zu ziehen, die dein Gegenüber nicht überschreiten darf – Tut er oder sie es doch, sprechen wir von Missachtung, Manipulation, Zwang oder Gewalt.
Dein Bauchgefühl ist dein wertvollster Verbündeter. Es verrät dir, wie wohl oder unwohl du dich mit deinem Gegenüber fühlst. Hast du ein ungutes Bauchgefühl, gibt es dafür immer einen Grund – Hör auf dein Bauchgefühl, setze zeitnah Grenzen, deeskaliere oder ziehe dich aus der Situation zurück.
Kampf ohne Regeln
In einer Situation auf der Straße herrschen andere Gegebenheiten als in einem Kampfring oder bei einer Kampfvorführung. Im Kampfsport wollen sich zwei Athleten freiwillig unter möglichst gleichwertigen Bedingungen sportlich messen. Hierzu gibt es ein Regelwerk, einen Ringrichter, welcher dieses durchsetzt, und eine bestimmte Anzahl von Kampfmanövern, die beide Kontrahenten kennen.
Auf der Straße herrschen keine gleichwertigen Voraussetzungen, und dein Gegenüber wird nicht davor zurückschrecken, sich mit dreckigen und fiesen Methoden Vorteile zu schaffen, um dir schwerwiegenden Schaden zuzufügen und sich selbst zu bereichern. Dich wird kein Ringrichter und kein Abbruch wegen Disqualifikation retten, in einem Kampf, um den du nicht gebeten hast.
Ich bringe dir bei, deine natürlichen Instinkte zu nutzen und dir Vorteile zu verschaffen, um in diesem Kampf ohne Regeln zu bestehen.